Bildung bald ohne Regenbogen?
MBJS blockiert queere Bildungsangebote an Brandenburger Schulen
Daß es um die queere Bildungs- und Aufklärungsarbeit im Land Brandenburg politisch nicht gut bestellt ist, ist schon seit längerem kein Geheimnis. Bereits 2022 erließ das zuständige Ministerium für Bildung, Jugend und Sport eine neue Förderrichtlinie, die im Bereich der Bildung zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vollständig an der brandenburgischen Schulwirklichkeit vorbeigeht. Seitdem ist das Ziel nicht mehr die umfassende und auf Kontinuität und pädagogische Nachhaltigkeit fokussierende Ansprache der verschiedenen Zielgruppen an den Schulen mit unterschiedlichen Angeboten, sondern die Ableistung möglichst vieler Einzelveranstaltungen, bei Deckelung der Kosten pro Veranstaltung. Um die wenig erquickliche Fördersumme von 53.000,- EUR zu erhalten, mußten seitdem mehr als doppelt so viele Workshopangebote umgesetzt werden, als noch 2021 verabredet waren.
Der Förderantrag für 2025 liegt seit 10 Monaten ohne Entscheidung beim Bildungsministerium. Die finanzielle Unsicherheit führte inzwischen zur Kündigung des Projektleiters. Zudem erwägt das Ministerium eine Neubewertung der Bildungsarbeit zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, was die Zukunft des Projekts weiter ungewiß macht, während die Lage an Brandenburgs Schulen für queere Jugendliche und auch für die Ehrenamtlichen selbst von Jahr zu Jahr bedrohlicher wird. Eine Studie des Brandenburger Sozialministeriums zeigte bereits 2018, daß LSBTIQ-Jugendliche in Schulen stark von Diskriminierung und Mobbing betroffen sind. Meldungen zu queerfeindlicher Gewalt nehmen zu und Schulen werden für viele zum Angstraum. Die Folgen reichen von Schulverweigerung und psychischen Belastungen bis hin zu schlechteren Zukunftschancen, die sich teilweise bis weit ins Erwachsenenalter auswirken. Die Suizidrate liegt bei queeren Jugendlichen nach wie vor um 3 – 4 mal höher als im Schnitt aller Jugendlichen.
Gefragt sind ausgefeilte Konzepte, die die Schule als Lebens- und Erfahrungsort für alle Jugendlichen begreifbar machen und die Jugendliche, Eltern, Lehr- und Fachkräfte gleichermaßen befähigen, informiert, fachlich und empathisch mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt umzugehen. Das gilt auch für den Umgang mit Regenbogenfamilien und queeren Lehr- und Fachkräften.
Lars Bergmann, Geschäftsführer des Landesverbands AndersARTiG e.V. erklärt hierzu:
„Landesverfassung und Schulgesetz, der Rahmenlehrplan und der vom MBJS mitgetragene Aktionsplan Queeres Brandenburg verpflichten dazu, queere Jugendliche, Lehrkräfte und Regenbogenfamilien vor Übergriffen und Diskriminierung zu schützen. Für die queere Bildungsarbeit bedarf es einer hohen Fachlichkeit, Erfahrung und Geschick im Umgang mit den oft widerstreitenden Interessen von Eltern, Schüler*innen, Lehrkräften und Schulleitung. Das alles fällt nicht vom Himmel, sondern wurde in über 30 Jahren didaktisch und methodisch entwickelt und erprobt. Hinzu kommt die außerordentlich weitverzweigte Vernetzung, die wir in unserer langjährigen Arbeit erreicht haben. Das alles ist für Brandenburg ein kostbarer Schatz, den es zu bewahren und weiter auszubauen gilt, wollen wir die hochgesteckten Ziele, die sich auch Aktionsplänen und der Verfassung ergeben erreichen. Man kann eine solche Aufgabe nicht umsetzen, wenn man Jahr für Jahr bis weit in den Sommer hinein im Unklaren gelassen wird, ob man überhaupt Förderung erhält. Was wir brauchen, ist eine leistungsfähige Koordinierung, Entwicklung und Umsetzung queerer Bildungsformate, die der queerfeindlichen Propaganda, die heutzutage Klassenzimmer, Schulhöfe, Elternversammlungen und teils auch Lehrerkollegien vergiftet etwas entgegenzusetzen hat. Dazu ist eine ist eine verläßliche. bedarfsgerechte und der Schulwirklichkeit entsprechende Finanzierung und Personalausstattung ebenso erforderlich, wie ein Bildungsministerium, das mit uns an einem Strang zieht und uns die nötige Sicherheit gibt, unsere Arbeit zu machen.“